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Erwähnt man den Namen Donald Trump auf den Großhandelsmärkten und Messen in China, sieht man häufig ein spöttisches Lächeln.
Die 145%igen US-Zölle des Präsidenten sorgen bei vielen chinesischen Unternehmern nicht für Angst.
Stattdessen haben diese Maßnahmen eine Welle satirischer Memes im Internet ausgelöst: Virale Videos und Social-Media-Clips zeigen KI-generierte Darstellungen von Trump, Vizepräsident JD Vance und Elon Musk, die auf Fabrikbändern und in Elektronikwerken arbeiten.
China zeigt wenig Anzeichen, sich wie ein Land auf eine Wirtschaftskrise vorzubereiten, und Präsident Xi Jinping hat bekräftigt, dass Peking nicht nachgeben werde.
„China hat in über 70 Jahren durch Selbstvertrauen und Beharrlichkeit Fortschritte gemacht … niemals von äußerer Großzügigkeit abhängig und unbeugsam bei ungerechtfertigten Druck“, erklärte Xi kürzlich.
Seine Zuversicht beruht teilweise darauf, dass China heute viel weniger von US-Exporten abhängig ist als vor zehn Jahren. Dennoch legt Trumps konfrontative Strategie mit Zollanhebungen schon vorhandene Schwachpunkte in Chinas Wirtschaft offen: Von einer Immobilienkrise über zunehmende Arbeitsplatzunsicherheit und demografische Herausforderungen bleibt der Binnenkonsum hinter den Regierungszielen zurück.
Seit seinem Amtsantritt 2012 mit Ambitionen auf nationale Erneuerung sieht sich Xi nun tiefgreifenden Störungen gegenüber – nicht nur durch Zölle. Die zentrale Frage bleibt, ob Trumps Politik Xis Wirtschaftsziele aus der Bahn werfen oder ob China die aktuellen Gegenwinde in Chancen verwandeln kann.
Mit 1,4 Milliarden Menschen sollte Chinas Binnenmarkt theoretisch enormes Potenzial bieten. Doch andauernde Unsicherheit bremst den privaten Konsum.
Dieses Zögern der Verbraucher hat weniger mit dem Handelskrieg zu tun, sondern mehr mit dem stark rückläufigen Immobiliensektor. Viele Familien haben gesehen, wie der Wert ihrer Ersparnisse durch rapide fallende Immobilienpreise der letzten fünf Jahre schrumpfte.
Auch als der Immobilienmarkt schon ins Stocken geriet, setzten die Bauträger weiter Projekte um – mit einer starken Überversorgung als Folge. Analysten schätzen, dass die leerstehenden Wohnungen Chinas die Bevölkerung mehrfach unterbringen könnten.
He Keng, ehemaliger Vizedirektor des nationalen Statistikbüros, sprach schon vor zwei Jahren von der „extremen Schätzung“, dass genügend Leerstände für 3 Milliarden Menschen existieren.
Wer durch China reist, sieht „Geisterstädte“ – Betonbauten oder fertiggestellte Viertel, die von außen einladend wirken, aber nachts dunkel und leer bleiben, ein Zeichen für den Mangel an Käufern.
Die Regierung verhängte vor fünf Jahren Kreditbegrenzungen für Entwickler, doch der Schaden für Immobilienwerte und Verbrauchervertrauen war schon angerichtet. Reuters-Umfragen im Februar sagen für dieses Jahr einen weiteren Preisrückgang von 2,5 % voraus.
Wohnen ist nicht die einzige Sorge vieler chinesischer Mittelstands-Familien.
Viele sorgen sich, ob die Regierung Renten absichern kann: Schätzungsweise 300 Millionen Chinesen zwischen 50-60 gehen im nächsten Jahrzehnt in Rente, doch ein Bericht der Akademie für Sozialwissenschaften warnte 2019, dass der staatliche Rentenfonds bis 2035 erschöpft sein könnte.
Millionen Hochschulabsolventen blicken mit Unsicherheit auf ihre Jobaussichten, im August 2023 lag die offizielle Jugendarbeitslosigkeit in Städten bei über 20 %. Seitdem gibt es keine neuen Daten dazu.
Vom Exportfokus auf die USA zur Abhängigkeit vom Binnenmarkt zu schwenken, ist alles andere als eine schnelle Lösung.
„Angesichts der derzeitigen Wirtschaftslage ist eine bedeutende Ausweitung des privaten Konsums kurzfristig unwahrscheinlich“, meint Prof. Nie Huihua von der Renmin-Universität.
„Der Übergang von Exportabhängigkeit zu binnenwirtschaftlichem Wachstum braucht Zeit.“
Prof. Zhao Minghao, stellvertretender Direktor des Zentrums für amerikanische Studien an der Fudan-Universität, ergänzt: „China hat niedrige Erwartungen für Verhandlungen mit der Trump-Regierung … Die Hauptaufgabe liegt in der Reform der eigenen Politik, etwa zur Förderung des privaten Konsums.“
Um das Wirtschaftswachstum anzuheizen, wurden umfangreiche Zuschüsse für Kinderbetreuung, höhere Löhne und mehr bezahlter Urlaub angekündigt sowie eine 41-Milliarden-Dollar-Initiative für Rabatte bei Elektronik und E-Fahrzeugen. Trotzdem hält Prof. Zhang Jun, Dekan der Wirtschaftswissenschaften an der Fudan-Universität, das für nicht nachhaltig.
„Es braucht eine dauerhafte Lösung“, kommentiert er. „Wir müssen das verfügbare Haushaltseinkommen steigern.“
Xi steht unter Druck, dieses Versprechen einzulösen. Der Wohlstand, den er vielen angekündigt hatte, ist bisher ausgeblieben.
Er reagiert auch sensibel auf die Enttäuschung der chinesischen Jugend über die eigenen Perspektiven – mit Risiken für Unruhen, die die Stabilität der Kommunistischen Partei gefährden könnten.
Daten des China Dissent Monitor von Freedom House zeigen zuletzt einen deutlichen Anstieg der Proteste wegen finanzieller Missstände.
Während die meisten Demonstrationen rasch unterdrückt und aus sozialen Medien entfernt werden, könnte die zugrundeliegende Unzufriedenheit ernsthafter werden.
2012 erklärte Xi: „Nur wenn es dem Land gut geht und der Nation gut geht, kann es allen gut gehen.“
Diese Überzeugung stand für scheinbar unaufhaltsames Wachstum. Heute ist das Bild wesentlich ungewisser.
Dennoch erzielte China große Fortschritte in Bereichen wie Elektronik, Batterien, E-Autos und KI – Teil eines strategischen Wandels hin zu Hightech-Fertigung.
Das Land konkurriert heute mit den USA um technologische Führerschaft – sichtbar etwa am DeepSeek-KI-Chatbot oder daran, dass BYD vergangenes Jahr Tesla als weltgrößten E-Auto-Hersteller ablöste.
Doch neue US-Zölle könnten diese Erfolge untergraben.
Exportbeschränkungen für Chips – inklusive neuer Nvidia-Limits – zielen auf Pekings Ambitionen, führend bei Schlüsseltechnologien zu werden.
Trotzdem erkennt Xi, dass Chinas Industriestruktur langfristig vorteilhaft ist – US-Firmen fällt es schwer, dem Niveau und der Breite des chinesischen Angebots etwas entgegenzusetzen.
Xi will die aktuellen Spannungen als Reformmotor und Anstoß für das Erschließen neuer Weltmärkte nutzen.
„Kurzfristig werden einige Exporteure leiden“, bemerkt Prof. Zhang. „Aber sie passen sich aktiv an und suchen neue Absatzmärkte.“
Trumps erste Amtsjahre hatten China bereits animiert, über die USA hinauszublicken: Seither vertiefte Peking seine Beziehungen zu Südostasien, Lateinamerika und Afrika und nutzte die Belt-and-Road-Initiative für engere Verbindungen zum Globalen Süden.
Die Diversifizierung trägt Früchte: Laut Lowy-Institut handeln heute mehr als 145 Länder mehr mit China als mit den USA.
2001 betrachteten nur 30 Länder China als ihren wichtigsten Handelspartner vor den USA.
Da Trump die Zölle auch auf Verbündete ausweitet, vermuten Beobachter, dass Xi die Gelegenheit nutzen könnte, die US-geführte Ordnung herauszufordern und China als verlässliche globale Alternative zu positionieren.
Xi wählte unmittelbar nach der jüngsten Zoll-Ankündigung Südostasien für seine erste Auslandsreise, wohl um den regionalen Sorgen wegen der US-Zölle Rechnung zu tragen.
Ein wachsender Teil der chinesischen Exporte – etwa 25 % – wird inzwischen in Ländern wie Vietnam und Kambodscha produziert oder verschifft.
Die aktuellen US-Maßnahmen bieten Xi auch die Chance, Chinas Rolle auf der Weltbühne neu zu definieren.
„Trumps drakonische Zollregelungen eröffnen neue Möglichkeiten für Chinas Diplomatie“, sagt Prof. Zhang.
Aber Vorsicht ist geboten: Manche Länder befürchten, dass chinesische Waren, die ursprünglich für die USA bestimmt waren, nun ihre eigenen Märkte überfluten.
Nach Trumps Zöllen von 2016 wurde Südostasien mit überzähligen chinesischen Exporten überschwemmt, was lokale Branchen beeinträchtigte.
Prof. Huihua warnt: „Etwa 20 % der chinesischen Exporte gehen in die USA – diese in eine einzige Region umzuleiten, könnte zu Dumping und neuen Handelskonflikten führen.“
Chinas Selbstdarstellung als Vorkämpfer des Freihandels stößt auf Hindernisse.
Auch Peking hat in den vergangenen Jahren Handelsbeschränkungen eingeführt.
Nachdem Australien 2020 internationale Untersuchungen zum Ursprung von Covid-19 forderte, belegte China Wein und Gerste mit Zöllen und verbot manche Importe – mit dem Resultat, dass australische Exporte nach China fast auf null sanken.
Kürzlich äußerte Australiens Verteidigungsminister Richard Marles, sein Land werde China „nicht an die Hand nehmen“, während die USA ihren Handelskonflikt mit Peking verschärfen.
Pekings frühere Nutzung von Handel als Hebel könnte andere Regierungen davon abhalten, klar zwischen Washington und Peking Stellung zu beziehen.
Trotz aller Hürden setzt Xi darauf, dass China wirtschaftliche Schmerzen länger durchhält als die USA im großen Machtkampf.
Tatsächlich scheint Trump seine Haltung zu überdenken und hat angedeutet, die Zölle könnten „deutlich gesenkt werden – aber nicht auf null“.
Auf chinesischen Sozialen Netzwerken folgte sofort eine Reaktion.
Ein Trendthema auf Weibo lautete: „Trump hat gekniffen“, als Nutzer auf die Nachricht möglicher Zollsenkungen reagierten.
Mit welchem Ausgang auch immer – Peking richtet sich auf eine lange Auseinandersetzung ein.
Frühere Handelskonflikte haben China bereits zur Diversifizierung der Exportmärkte getrieben, insbesondere in Richtung Globaler Süden.
Diese Episode zwingt China zudem, interne wirtschaftliche Schwächen anzugehen – Probleme, die letztlich nur in Peking selbst gelöst werden können, nicht in Washington.
Titelfoto: Getty Images
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